Benutzerspezifische Werkzeuge

Direkt zum Inhalt | Direkt zur Navigation

Sektionen
Home Blog

05.12.2014 06:15 | Christoph A. Pfister | 2 Kommentare | Tags: Health Professionals, Feedback, Erfolg, Brücken, Kompetenzen, Team, Kommunikation, Konflikt, Kultur

Feedback: Reflexion der Zusammenarbeit im Gebärsaal

Das Buchkapitel "Wie sage ich’s am wirksamsten? - Feedback als Brücke zwischen Health Professionals" enthält auch wahre Fallbeispiele, welche die AutorInnen hier anonym zur Diskussion stellen, damit sie und die LeserInnen daraus (interprofessionell) lernen können. Bitte beantworten Sie also die Fragen unten mit einem Kommentar. Sie können gerne auch ein weiteres Fallbeispiel beisteuern.

Gestern hat Frau Roth, eine erfahrene Hebamme, Frau K.B. bei der viel zu frühen Geburt ihres 22-wochen alten Kindes unterstützt. Das Kleine lebte noch ein paar Minuten in den Armen der Hebamme, weil Frau K.B. die Situation nicht aushielt und wild um sich fuchtelte. Auf die Bitte um Unterstützung der Hebamme trat anstelle der erwarteten 2. Hebamme 2 Minuten nach der Geburt Frau Kluge, eine junge Assistenzärztin in den Gebärsaal und erkundigte sich sofort nach dem Stand der Dinge. Nach einem kurzen Bericht erteilt sie der Hebamme die Anweisung sofort Oxytocin zu spritzen, damit sich die Gebärmutter zusammenzieht und das Risiko für eine spätere Auskratzung möglichst klein gehalten werden könne. Frau Roth hat immer noch das sterbende Frühgeborene im Arm und bittet die Assistenzärztin das Medikament selbst zu spritzen, worauf Frau Roth den Auftrag wiederholend den Gebärsaal verlässt.

Am Tag danach spricht Frau Kluge die Hebamme während einer Pause in der Hebammenstube an und fragt: Gestern habe ich Dich wohl etwas genervt. Wollen wir darüber reden?
Frau Roth gibt ihrer Einschätzung recht und weist sie darauf hin, dass ihr Hilfesignal gestern nicht die Bitte um eine fachliche Entscheidung gewesen sei, sondern dass einfach Hände gefehlt hätten, um all die Dinge zu verrichten, die anstanden: Frau K.B. wollte beruhigt werden, das zu Kleine hatte die Nähe eines Menschen zu Gute während es sich wieder von dieser Welt verabschiedete, die Nachgeburt war noch unterwegs …. Das Oxytocin stand auch auf der Liste, war aber nicht dringend.
Darauf entspinnt sich eine entnervte Diskussion über die Priorität der Medikamentengabe nach der Geburt und nach ein paar Minuten trennen sich Frau Roth und Frau Kluge. Die Meinungen sind gemacht:
Frau Kluge fühlt sich völlig unverstanden und angesichts ihrer Verantwortung als Ärztin nicht ernst genommen.

Frau Roth wurden alle Vorurteile gegenüber den ÄrztInnen bestätigt: Dies ist keine Zusammenarbeit, sondern Rechthaberei. Zugunsten der Versorgung der gebärenden Frauen in einer freundlichen Umgebung müssen solche ÄrztInnen aus dem Gebärsaal verdrängt werden.

Fragen zur Reflexion:

Welches Feedback geben Sie Frau Kluge und Frau Roth, wenn Sie diesem Gespräch zugeschaut hätten? Welches sind positive Punkte? Wie könnten die beiden ihre Ziele geschickter erreichen?

Wie würden Sie an Stelle von Frau Roth nach diesem Gespräch weiter vorgehen?

Wie würden Sie sich als Chefarzt der Geburtsklinik verhalten, wenn Frau Kluge bei einer günstigen Gelegenheit um Unterstützung bittet, weil sie sich im Gebärsaal nicht durch­setzen könne?

mehr lesen
24.11.2014 06:15 | Christoph A. Pfister | 0 Kommentare | Tags: Health Professionals, Feedback, Erfolg, Brücken, Team, Profil, Kompetenzen, Konflikt, Kommunikation, Change

Wie sage ich’s am wirksamsten? - Feedback als Brücke zwischen Health Professionals

Im November 2014 erscheint im medhochzwei-Verlag das Buch "Erfolgreich in die Zukunft: Schlüsselkompetenzen in Gesundheitsberufen - Konzepte und Praxismodelle für die Aus,- Weiter- und Fortbildung in Deutschland, Österreich und der Schweiz". 51 AutorInnen haben mitgewirkt, auch wir konnten ein Kapitel beisteuern und hoffen damit, die Weiterentwicklung der kollektiven Kompetenz im Gesundheitswesen zu unterstützen: Durch (inter)professionelles Feedback!
Wie sage ich’s am wirksamsten? - Feedback als Brücke zwischen Health Professionals

Schlüsselkompetenzen in Gesundheitsberufen

Was finden Sie in diesem Buchkapitel ausführlich dargestellt?

Maschinen bewegen sich seit dem Ersatz von Kanonenkugeln durch Raketen mit eigenem Antrieb, die Steuerung übernehmen Feedback-Kreise. Auch Menschen und Organisa­tio­nen können sich, Lernbereitschaft vorausgesetzt, weiterentwickeln. Wohin dies führt, hängt von den Zielen und der Selbstein­schätzung ab. Fremdeinschätzungen und darauf basie­rende, konstruktive Rückmeldungen können korrigierenden Einfluss nehmen.

Ein Feedback geben, er­halten und/oder umsetzen erfordert in erster Linie hohe Kom­muni­ka­tions­fähigkeit, Beurteilungsvermögen und Glaubwürdigkeit.

Gutes Feedback kann notwendige Brücken zwischen Health Professionals und Fach­diszi­plinen schaffen und verbessert deshalb die Versorgung unserer Pa­tientIn­nen. Dazu sind Kernelemente von gutem Feedback wichtig: In gegen­seitigem Respekt verpflichten sich beide Seiten auf definierte gemeinsame Ziele. Spezifische Aussagen er­fol­gen zeitgerecht zu direkten Beobachtungen von veränderbarem Verhalten. Es soll immer eine Verbindung zwischen Selbsteinschätzung und Fremdwahrnehmung ge­schaffen und aufgrund gemein­samer Erkenntnisse ein Aktionsplan festgelegt werden.

Die Wirksamkeit von Feedback wird deutlich erhöht, wenn es mit interpro­fes­sio­nellem Lernen, multi source feedback und Teamentwicklungs­massnahmen kombiniert wird.

Mit konkreten Beispielen wird eine Diskussion mit den LeserInnen und den BesucherInnen auf dieser Homepage angeregt. Kommentieren Sie die Feedback-Beispiele aus dem Buch im entsprechenden Blog-Eintrag (Übersicht) oder .

mehr lesen
18.11.2014 06:15 | Christoph A. Pfister | 0 Kommentare | Tags: Health Professionals, Gesundheitskompetenz, Qualität, Entwicklung, Kompetenzen, Health Literacy, Change

KODE®-Best-Practice-Auszeichnung

Das Thesenpapier des KHM-Zukunftsforums hat erste Früchte getragen: Am 11. Oktober 2014 wurde Christoph A. Pfister anlässlich des Kompetenz-BrushUp in Nürnberg (D) von Competenzia.de mit dem 2. Preis ausgezeichnet. Dem Projekt wird Leuchtturmcharakter attestiert.
KODE®-Best-Practice-Auszeichnung

Best-Practice-Auszeichnung 2014

Das Projekt Welche strategischen Kompetenzen brauchen PatientInnen im Gesundheitswesen der Zukunft? - Thesenpapier KHM-cap-Zukunftsforum 2014 erreicht unter neun eingereichten Projekten für den erstmals verliehenen Award den guten zweiten Platz. In der Laudatio erläuterte Prof. Volker Heyse die Begründung der Jury:

Hier handelt es sich um die konsequente und kompetente Fortentwicklung eines zentralen gesellschaftlichen Themas, an dem schon KODE®-Experten gearbeitet und damit ein Feld erobert haben, in dem sie sich mittlerweile als Experten ausweisen können. Vor dem Hintergrund der Bedeutung des Themas hilft dies bei der Verbreitung des KODE®-Gedankens und der Nutzung der entsprechenden Instrumente. Inhaltlich gelungen ist die Differenzierung des Patientenbegriffs nach bestimmten Kriterien der Krankheitszuordnung (z.B. chronische Kranke, notfallmäßig Erkranke ...). Hilfreich für die praktische Weiterarbeit sind die Herausarbeitung von 12 zentralen Schlüssel­kompetenzen und die Betonung des Selbstmanagements.

Dieses Resultat war nur Dank der Zusammenarbeit mit Frau Dr.med. Therese Stutz Steiger und den engagierten Rückmeldungen einiger Träger­netz­werkmitglieder möglich (alphabetische Reihenfolge):

  • Franziska Baumann, Bern
  • Prof. Volker Heyse, Regensburg
  • Patrizia Kündig, Chur
  • Lydia Rufer-Drews, Meiringen
  • Pia Sangiorgio, Münchenbuchsee
  • PD Dr. med. et MME (UniBE) Matthias Widmer, Bern

Das Preisgeld kommt dem nächsten KHM-cap-Zukunftsforum vom 14./15. April 2015 im Möschberg (CH) zu Gute.

Lesen und kommentieren Sie diesen Blog und/oder die Publikation des Thesenpapiers in der Schweizerischen Ärztezeitung.[Link SAeZ]

mehr lesen
17.11.2014 11:45 | Christoph A. Pfister | 0 Kommentare | Tags: Health Professionals, Gesundheitskompetenz, Erfolg, Kompetenzen, Kommunikation, Change

Patientenwünsche & Vertrauen

PatientInnen erwarten von ihrem/ihrer HausaErztIn vor allem Fachwissen, Kommunikationskompetenz und Freundlichkeit. Eine grundlegende Rolle spielt der Aufbau von Vertrauen. Eine kleine Studie veranschaulicht unter anderem, dass zwischenmenschliche Faktoren für die Vertrauensbildung und damit für den Kontakt zwischen PatientIn und HausaErztIn wichtig sind, was nicht zuletzt zu zufriedenen PatientInnen führt, die ihreN HausaErztIn in Problemlagen wieder aufsuchen. Wie entsteht Vertrauen?

Vielen Dank für die spannende Fragestellung und die zusammenfassende Darstellung der Resultate von Caroline Dengler-Voss in der aktuellen SAeZ.[1]

Auch aus Sicht des kürzlich publizierten Thesenpapiers zu den Patientenkompetenzen [2] ist die Frage der Erwartungshaltung gegenüber den HausärztInnen hochrelevant. Vertrauen steht in dieser Untersuchung offensichtlich im Vordergrund. Aus Kompetenzsicht wird dieses jedoch von Health Professionals weniger durch Fachwissen und Kommunikationsfähigkeiten, als vielmehr durch Glaubwürdigkeit alimentiert:

Glaubwürdigkeit kennzeichnet Aussagen und Verhaltensweisen, bei denen im Verlauf des Zustandekommens die zu Grunde liegenden Sachverhalte nicht durch personale Verarbeitungsprozesse verzerrt wurden.
Das setzt eine hohe Stabilität personaler Erlebnis-, Wahrnehmungs-, Intelligenz- und Gedächtnisleistungen voraus.[3]

Auf jeden Fall ist jedoch bereits die Kompetenzorientierung ein grosser Fortschritt gegenüber jener nach Qualifikationen. Wir benötigen die Disposition, in neuen Situationen erfolgreich zu handeln. Dies ist eine einfache Definition von Kompetenzen.

Der beschriebene Arzt-Patienten-Kontakt gehört zu den Misserfolgen und es stellt sich die Frage nach der notwendigen Kompetenzentwicklung. Ist es in diesem Fall die vom Patienten gewünschte Empathie? Helfen würde auch den Patienten mehr in die Verantwortung zu nehmen, ihn ins Behandlungsteam (als zentrales Element) aufzunehmen.

Jedenfalls findet eine Systementwicklung statt, in der mit den Entscheidungen der PatientInnen ernsthaft gerechnet werden sollte. Ich schlage vor, dass wir uns darauf mit der Stärkung der notwendigen Kompetenzen einstellen.

Literatur:
1. Dengler-Voss C, Voss R. Patientennutzen und -wünsche verstehen. SAeZ 2014;95:1747.
2. Pfister CA, Stutz Steiger T. Welche strategischen Kompetenzen brauchen Patienten im Gesundheitswesen der Zukunft? - Thesenpapier KHM-cap-Zukunftsforum 2014 zu Patientenkompetenzen. SAeZ 2014;95:1545-7.
3. Heyse V, Pfister CA, Schircks A. KompetenzAtlas Humanmedizin (Schweiz). In: Heyse V, Schircks A, eds. Kompetenzprofile in der Humanmedizin - Konzepte und Instrumente für die Ausrichtung von Aus- und Weiterbildung auf Schlüsselkompetenzen. Münster: Waxmann; 2012:154-216.

mehr lesen
08.10.2014 10:50 | Christoph A. Pfister | 1 Kommentare | Tags: Health Professionals, Gesundheitskompetenz, Erfolg, Gesundheitsversorgung, Profil, Entwicklung, Institutionen, Health Literacy, Kultur, Kompetenzen

Strategische Kompetenzen für erfolgreiche PatientInnen der Zukunft

Ausgehend vom letzten Punkt im Blog-Eintrag vom 26.4.13 hat sich das KHM-Zukunftsforum im Frühling 2014 Gedanken gemacht zu den notwendigen Kompetenzen für PatientInnen, die ums Jahr 2030 das Gesundheitssystem in der Schweiz erfolgreich nutzen können. Mit fünf Thesen werden die Ergebnisse heute in der Schweizerischen Ärztezeitung zur Diskussion gestellt.
Strategische Kompetenzen für erfolgreiche PatientInnen der Zukunft

KompetenzAtlas (competenzia.de) mit Markierungen für die strategischen Kompetenzen für PatientInnen (Farbcodierung siehe Text)

Health Literacy ist der internationale Begriff, mit dem den Menschen unter anderem die Entscheidungsfähigkeit als Betroffene im Gesundheitswesen ermöglicht werden soll. Kompetenzorientierung ist für das heutige Wirtschaftssystem der Schlüsselfaktor. Mit dem Instrument KODE®X wurden für die PatientInnen der Zukunft die Schlüsselkompetenzen für die erfolgreiche Nutzung des Gesundheitswesens im Jahre 2030 herauskristallisiert. Dazu entstand ein Papier mit folgenden 5 Thesen:

  1. Der/die PatientIn gehört ins Zentrum des Gesundheitswesens.
  2. PatientInnen können die eigenen Kompetenzen besser ausschöpfen, wenn sie Health Professionals auf Augenhöhe begegnen.
  3. Dem/der PatientIn soll mit einer neuen professionellen Haltung begegnet werden.
  4. Das Individuum soll Solidarität und Sensibilität für die Mitgestaltung von gesundheitsrelevanten politischen Prozessen entwickeln.
  5. Patientenkompetenzen beschreien die Selbstorganisationsdisposition von Menschen für die erfolgreiche Nutzung des Gesundheitssystems.

Selbstmanagement ist die wichtigste von 12 Schlüssel­kompetenzen (graue Dreiecke). Darüber hinaus wurden für akut Erkrankte (rot), chronisch Kranke (blau), PatientInnen mit seltener Erkankung (gelb) und potentielle PatientInnen (grün) je 4 differenzierende Schlüsselkompetenzen festgestellt. Bildungsangebote und Change Prozesse im Gesundheitswesen können sich an diesen erfolgversprechenden Faktoren orientieren.

Lesen Sie den Artikel in der heutigen Schweizerischen Ärztezeitung.

mehr lesen
26.04.2013 22:00 | Christoph A. Pfister | 0 Kommentare | Tags: Health Professionals, Erfolg, Brücken, Gesundheitsversorgung, Profil, Entwicklung, Institutionen, Team, Kultur, Change, Kompetenzen

Kulturwandel zur Kompetenzorientierung: Chancen & Risiken

Die Kompetenzorientierung ist seit 10 Jahren gesetzt: für Bildungsgänge, für Anstellungen, für ein erfolgreiches Gesundheitswesen. Warum setzt sie sich nicht leicht um? Wir glauben, dass der Kulturwandel das grösste zu überwindende Hindernis ist. Weil die Kultur von uns allen bestimmt wird, liegt die Veränderung in unser aller Hände: packen wir es an!
Kulturwandel zur Kompetenzorientierung: Chancen & Risiken

Miller's Pyramide und die Prüfungsmöglichkeiten [1]

Dies ist ein uralter Witz aus der Zeit, als in Basel die ambulant in der Psychiatrie behandelten PatientInnen als Webstübler bezeichnet wurden, ganz nach ihren geschützten Arbeitsplätzen. Einer von ihnen soll also an einem späten Abend unter einer Strassenlaterne am Boden herumgekrochen sein und schien verzweifelt etwas zu suchen. Ein Polizist kam ihm zu Hilfe und fragte, nach was er denn suche? Er hätte eben einen Fünfliber verloren und brauche diesen dringend wieder. Der Polizist war ihm behilflich und drehte jeden Stein unter der Laterne, aber der Fünfliber war unauffindbar. Nach einer Viertelstunde fragte der Polizist wo er ihn den verloren hätte. Der Webstübler antwortete: Ja dort drüben in der dunklen Ecke etwa 20m entfernt. Erstaunt fragte der Polizist weshalb er den hier, am falschen Ort suche? Der Webstübler griff sich an den Kopf ob der Frage und sagte: Ja wie soll ich denn den Fünfliber finden, wenn es dort stockdunkel ist, hier hat es wenigsten ein wenig Licht?!

Was hat dieser kuriose Gedankengang mit der Kompetenzorientierung zu tun?

Ein Bildungsgang muss vermitteln, was geprüft wird und prüfen, was vermittelt wird. Dies wird assessment-driven genannt. Alleine dies kann zu einer wesentlichen Qualitätsverbesserung von Curricula beitragen. Deshalb gehört es in der Akkreditierung zu den wichtigsten Kriterien für die Güte des Bildungsganges (constructive alignment)[2].

Nun ist spätestens seit der Publikation der Pyramide von Miller 1990[2] klar, dass mit Multiple Choice Fragen (MCQ) vor allem Wissen (knows), bei ganz geschickt formulierten Fragen allenfalls Anwendungswissen (knows how) geprüft wird. Für das Bestehen des Medizinstudiums ist die Fähigkeit zwingend, Wissen in MCQ-Prüfungen belegen zu können, weshalb auch der medizinische Eignungstest diese Prüfungsform verwendet und deshalb logisch mit dem akademischen Studienabschluss korreliert.

Für die PatientInnen, aber auch für KollegInnen und andere Gesundheitsberufe sind weit umfassendere Kompetenzen wichtig. Den als „Fachidioten“ verschrienen Medical Expert[3] würde man sich manchmal gerne ersparen. Diese Kompetenzen werden gelegentlich als soft skills bezeichnet. Um sie zu prüfen wurden aufwändige Prüfungsverfahren eingeführt, zuletzt in der Schweiz auch in der eidgenössischen Medizinalprüfung: Objective structured clinical examinations (OSCE)[4]. Damit können Fertigkeiten und Fähigkeiten in normierten Situationen geprüft werden (shows how). In der Miller-Pyramide bleibt darüber die Performance (does) offen: Damit ist das reale Tun in einem unbeobachteten Setting gemeint, also zum Beispiel für die Fachärztin in Allgemeiner Innerer Medizin der nachhaltige Erfolg einer hausärztlichen Tätigkeit für PatientInnen und Umgebung. Dies ist das eigentliche Outcome unserer Bildungsgänge, darauf sollte alles, auch der Eignungstest ausgerichtet sein.

Wie aber können diese Kompetenzen gemessen werden. Bisher lagen sie in der dunklen Ecke der mehr beschreibenden Sozialwissenschaften. Die Naturwissenschaften wollen mit ihrer Strassenbeleuchtung Zahlen sehen: Die hohe Validität und Reliabilität der Messverfahren ist wichtiger als der Bezug zum Outcome.

Nun ist diese Lücke geschlossen. Mit den Kompetenzmessinstrumenten kann direkt zwischen dem persönlichen Kompetenzprofil und dem Sollprofil verglichen werden, ganz so wie wenn Sie sich für eine Stelle bewerben. In der Humanmedizin liegen bisher sechs Sollprofile vor für: HausärztIn, telemedizinsch tätige ÄrztIn, SpitalärztIn, ärztliche VerwaltungsbeamtIn, ForscherIn und ÄrztIn mit Führungsverantwortung. Und diese Profile orientieren sich an den Anforderungen der Zukunft.

Das Gesundheitswesen wird in 10 bis 20 Jahren nicht wiederzuerkennen sein.[5] Wer bei so viel Veränderung die Nase über dem Wasser halten will (vielleicht sogar im Wind?), braucht Flexibilität und individuelle Stärken, damit es ihm nicht geht wie den Eisbären, denen das Eis unter den Füssen so schnell wegschmilzt, dass den meisten von ihnen wohl keine Chance bleibt, ihr Essverhalten anzupassen. Bereits sind bei ihnen erste Fälle von Kannibalismus aufgetreten. Auch die Player im Gesundheitswesen verschärfen die Rhetorik – da gibt es keinen Platz für die vergangene Arztpersönlichkeit, die wie die griechischen Götter in einer anderen Welt zu leben schien. Heute werden sie zusammen mit den Priestern von den Boulevardmedien an den Pranger gestellt: 10% der Ärzte vergehen sich sexuell an ihren Patientinnen. Nun kann auch die Ärztekammer der FMH nicht mehr wegschauen.[6]

Zurück zu früheren Zeiten ist keine Perspektive, das liegt nicht in unseren Händen. Weitermachen führt voraussichtlich zur Aufsplitterung der Ärzteschaft in Dutzende von Fachdisziplinen, die sich gegenseitig bekämpfen und von Krankenversicherungen und Verwaltungen fremdbestimmt werden. Eine Alternative bietet die Orientierung am Bedarf der Gesellschaft und im Engagement für ein Gesundheitssystem, das den PatientInnen dient und die Health Professionals darin unterstützt, dass sie ihre Kompetenzen voll zum Einsatz bringen können.[7]

Wie kommen wir dahin? Indem es uns gelingt, neben den Strategie- und Strukturanpassungen auch den notwendigen Kulturwandel aufzunehmen. Dafür sind alle verantwortlich, dazu gibt es viel Erfahrung (z.B. in der Fliegerei), darin werden die Rollen neu verteilt, und daraus werden Menschen entwachsen, welche autonomer und kompetenter frei entscheiden, in welcher Organisation sie mitspielen werden.[8]

Was können Sie tun?

  • Als Health Professional orientieren Sie sich vor, während und nach der Aus- und Weiterbildung an Ihren Stärken, messen diese Kompetenzen und setzen sie in Relation zu den Anforderungen der zukünftigen Tätigkeit. Bei Bedarf entwickeln Sie wichtige Kompetenzen weiter oder orientieren sich neu!
  • Als Organisation im Gesundheitswesen gehen Sie einen Schritt über die Qualifikationsanforderungen hinaus: Deklarieren Sie die konkreten Anforderungen an Ihre Health Professionals in Kompetenzbegriffen und machen diese transparent. Unterstützen Sie die MitarbeiterInnen bei ihren Kompetenz­ent­wicklungsmassnahmen und leben Sie selbst hohe Kompetenz vor!
  • Als BildungsanbieterIn orientieren Sie Ihre Curricula an den Kompetenz­anforderungen für Ihre TeilnehmerInnen. Ordnen Sie den Rahmenlehrplan, den Lernzielkatalog, etc. dem Kompetenz-Sollprofil unter.
  • Als (potentielleR) PatientIn entwickeln Sie die Gesundheitskompetenzen, die heute notwendig sind, um in diesem System zu einer optimalen Versorgung zu kommen – oder sie gar nicht notwendig zu haben!

Und wann? Warum nicht jetzt? Ich unterstütze Sie dabei gerne!


[1] Wass, V., et al., Assessment of clinical competence. Lancet, 2001. 357(9260): p. 945-9.

[2] Biggs, J.B. Aligning Teaching and Assessing to Course Objectives. in Teaching and Learning in Higer Education - New Trends and Innovations. 2003. University of Aveiro.

[3] Miller, G.E., The assessment of clinical skills/competence/performance. Acad Med, 1990. 65(9 Suppl): p. S63-7.

[4] Frank, J.R. and D. Danoff, The CanMEDS initiative: implementing an outcomes-based framework of physician competencies. Med Teach, 2007. 29(7): p. 642-647.

[5] Jefferies, A., et al., Using an objective structured clinical examination (OSCE) to assess multiple physician competencies in postgraduate training. Med Teach, 2007. 29(2-3): p. 183-91.

[6] Der Bund vom 26.4.13 Seite 8

[7] Ein nachhaltiges Gesundheitssystem für die Schweiz - Roadmap der Akademien der Wissenschaften Schweiz, 2012, Akademien der Wissenschaften Schweiz: Bern. p. 9.

[8] Frenk, J., et al., Health professionals for a new century: transforming education to strengthen health systems in an interdependent world. Lancet, 2010: p. 1-36.

[9] Beck, P., Unternehmenskultur wirkt - Leader gestalten den Rahmen. Alpha, 2010.

mehr lesen
31.12.2012 06:15 | Christoph A. Pfister | 1 Kommentare | Tags: Health Professionals, Qualität, Gesundheitsversorgung, Entwicklung, Institutionen, Kompetenzen

Kompetenzentwicklung oder Qualitätslabel in Humanmedizin?

Fortschrittliche, qualitativ hochstehende und ganzheitliche auf die Bedürfnisse unserer PatientInnen ausgerichtete Medizin – ein gutes Ziel, wozu uns auch das Gesetz verpflichtet. Aber über den Weg dahin gehen die Meinungen weit auseinander. Betroffen sind alle – am besten unterstützen wir uns gegenseitig.
Kompetenzentwicklung oder Qualitätslabel in Humanmedizin?

Qualitätsentwicklungsspirale [8]

Am 8. November 2012 hat die Arbeitsgemeinschaft für Qualitätssicherung in der Chirurgie (AQC) zur jährlichen Tagung eingeladen. Die Teilnahme wurde von den Fachgesellschaften mit 4 Credits anerkannt, so auch meiner (Anästhesie). Zudem finanzierte die Industrie die Tagung grosszügig und sie war deshalb für uns kostenlos. Der Name war Programm: Die Qualitätssicherung fokussiert auf Daten, messbare Parameter, wozu eine raffinierte Plattform (adjumed) programmiert worden ist. Das schafft Power gegenüber jenen, die (aus Kostengründen!?) die Kontrolle darüber gewinnen wollen, wer welche Therapie zu Gute hat oder applizieren darf.[1]

Am 27. November 2012 hat die FMH die Schweizerische Akademie für Qualität in der Medizin (SAQM) als Plattform für die konstruktive weiterführende Diskussion und Transparenz im Qualitätsbereich gegründet.[2] Auch hier geht es in erster Linie darum, die ärztlichen Positionen in der Qualitätsdebatte zu stärken. Bereits in zweiter Linie taucht aber der Anspruch auf, Austausch mit den Partnerorganisationen im Gesundheitswesen zu pflegen – als lernende Organisation, die über den eigenen Tellerrand hinausschauen will.[3]

In der Dezemberausgabe berichtet die Ärztegesellschaft des Kantons Bern (BEKAG) von den Bestrebungen des Verbandes deutschsprachiger Ärztegesellschaften (VEDAG) die Führerschaft im Bereich Qualität zu behalten und das Feld nicht einfach Ökonomen, Versicherern und Politikern zu überlassen.[4] Als Pilotversion wurde im Oktober 2012 das Qualitäts-Basis-Modul für HausärztInnen gestartet. Es soll Struktur- und Prozessqualitätsparameter in 10 Fokusfeldern erfassen (Stufe 1), diese danach mit Outcome-Parametern ergänzen (Stufe 2) und sie schlussendlich externen FachexpertInnen zur gemeinsamen Peer-to-Peer-Diskussion zur Verfügung stellen. Schon in der gleichen Ausgabe wächst dieser Initiative aber Widerstand entgegen und zwar aus den Reihen des Vorstandes der BEKAG. Es wird verlangt, dass für die ärztliche Qualitätsarbeit kein zusätzlicher Aufwand entstehen dürfe, dass die freie Berufsausübung nicht durch Prozessindikatoren eingeschränkt werden dürfe und drittens, dass wichtige Fachaspekte durch die Fokusfelder nicht abgedeckt seien.[5] Spannend ist das vorgeschlagene „Gegenmodell“. Es beschränkt sich auf die Evaluation der ärztlichen Fortbildung (Strukturqualität) und morbiditätsgewichtete Kosten-Nutzen-Analysen (Ergebnisqualität). Das heisst es muss konkret gar nichts verändert werden: Ersteres erledigen mittlerweile fast in allen Disziplinen die Fachgesellschaften, Letzteres werden früher oder später die Krankenversicherer zusammen mit dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) durchsetzen. Die dahinterliegende Strategie ist durchsichtig: Der Prozess der Patientenversorgung soll ohne weitere Kontrolle in den Händen der HausaerztInnen belassen werden.

Auch aus kritischer Distanz kann ich allen vier Positionen/Initiativen Positives abgewinnen. Unsere Gesellschaft hat sich von der Basis über die Parlamente bis in den Bundesrat entschieden, dass den ÄrztInnen im Gesundheitswesen eine ganz besondere Rolle zukommen soll. Anders liesse sich auch der unvergleichliche zeitliche und finanzielle Aufwand für die Aus- und Weiterbildung nicht legitimieren.

HumanmedizinerInnen sind in etwa 21 Tätigkeitsfeldern beruflich aktiv. Von 64 strategischen Kompetenzen (von denen Fachwissen genau eines ist!) wurden die folgenden sechs am häufigsten als Schlüsselkompetenz identifiziert: Beurteilungsvermögen, Ganzheitliches Denken, Glaubwürdigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Kooperationsfähigkeit und Problemlösungsfähigkeit.([6] S.35) Schlüsselkompetenzen sind die entscheidenden Faktoren um in komplexen Systemen beruflich erfolgreich zu sein. Beispielsweise bedeutete die Kooperationsfähigkeit: sucht aktiv und konstruktiv unterschiedliche Sichtweisen, Meinungen, Erfahrungen und Vorschläge anderer und lernt aus ihnen.([7] S.191) Dies führt quasi automatisch zu einer verbesserten Problemlösungsfähigkeit und stellt den Führungsanspruch nicht in Frage, sondern begründet ihn erst.

Eine kompetenzorientierte Aus- und Weiterbildung schafft also erst die Voraussetzung, damit Qualitätsentwicklungsmodelle greifen können.

Wie schaffen wir diese Brücke? Haben Sie eine Idee? Ich freue mich über Ihre Kontaktaufnahme.



[1] http://www.aqc.ch/Willkommen-bei-der-AQC/Willkommen-bei-der-AQC.aspx (last access 30.12.12)

[2] Meyer, V.A. and M. Hersperger, Qualität im Fokus der Ärzteschaft - die FMH gründet die Schweizerische Akademie für Qualität in der Medizin SAQM. SAeZ, 2012. 93(48): p. 1777-8.

[3] Bosshard, C., Die SAQM - der sechste Sinn der Ärzteschaft. SAeZ, 2012. 93(48): p. 1775.

[4] Gubler, M., Das Qualitäts-Basis-Modul des VEDAG macht ärztliche Qualität sichtbar. doc.be, 2012(6): p. 5-6.

[5] Baumgartner, P., Ärztliche Qualitätsarbeit versus Qualität der ärztlichen Arbeit - (k)ein Gegensatz? doc.be, 2012(6): p. 7-8.

[6] Heyse, V. and A. Schircks, Kompetenzprofile in der Humanmedizin. Konzepte und Instrumente für die Ausrichtung von Aus- und Weiterbildung und Rekrutierung auf Schlüsselkompetenzen. Kompetenzmanagement in der Praxis. Vol. 8. 2012, Münster: Waxmann Verlag.

[7] Heyse, V., C.A. Pfister, and A. Schircks, KompetenzAtlas Humanmedizin (Schweiz), in Kompetenzprofile in der Humanmedizin - Konzepte und Instrumente für die Ausrichtung von Aus- und Weiterbildung auf Schlüsselkompetenzen, V. Heyse and A. Schircks, Editors. 2012, Waxmann: Münster. p. 154-216.

[8] Berwick, D.M. and T.W. Nolan, Physicians as leaders in improving health care: a new series in Annals of Internal Medicine. Ann Intern Med, 1998. 128(4): p. 289-92.

mehr lesen
30.11.2012 23:40 | Christoph A. Pfister | 1 Kommentare | Tags: Entwicklung, Profil, Kompetenzen, Team, Konflikt

Blog zu Kompetenzentwicklung in der Humanmedizin eröffnet

KHM-cap heisst die Einzelfirma von Christoph A. Pfister. Der Blog auf der Homepage bietet die Chance die vielen Projekte zum Thema zu vernetzen, voneinander zu lernen, gemeinsam weiterzudenken.
 Blog zu Kompetenzentwicklung in der Humanmedizin eröffnet

Damals im Inselspital im Sekretariat der Anästhesie

Stossen Sie als ÄrztIn an Grenzen? Spielen ÄrztInnen in Ihrer Organisation eine wichtige Rolle bei blockierten aber notwendigen Veränderungen? Suchen Sie Orientierung im Verteilen von Aufgaben unter Health Professionals?

ÄrztInnen spielen eine zentrale Rolle im Gesundheitswesen. Das Vertrauen der Bevölkerung in sie ist grösser als jenes in die PolitikerInnen, obwohl diese von ihr selbst gewählt worden sind. Vielleicht liegt es daran, dass mit dem Eid des Hippokrates[1] vor über 2400 Jahren das erste bekannte sittliche Grundgesetz des Arztberufes eingeführt wurde und dies auch heute noch die ÄrztInnen primär dem Interesse ihrer PatientInnen verpflichtet – wohltuend gerade wenn sich im Gesundheitswesen zunehmend marktwirtschaftliche Steuerungsmechanismen durchsetzen.

Auf der anderen Seite muss angesichts vieler Tagesaktualitäten[2] die Frage erlaubt sein: Sind die Tätigkeiten der ÄrztInnen auch tatsächlich so erfolgreich, wie angesichts der grossen Investitionen der Privathaushalte und der öffentlichen Hand erwartet werden darf?

Aus eigener Erfahrung kann ich die Frage mit „ja, wenn …“ beantworten. Dort wo die Zusammenarbeit mit den Spitälern, den KollegInnen, den anderen Gesundheitsberufen gelingt, sind sehr grosse Erfolge möglich: Schwerstverletzte kehren in ihr vorheriges Umfeld zurück und können nach der notwendigen Rehabilitationszeit ihre Tätigkeit wieder aufnehmen.

Für diese „Wunder“ sind evidenzbasierte Konzepte, aufwändig erlangte Fähigkeiten und manuelle Fertigkeiten genauso wichtig, wie die normativ-ethische Einstellung, die Einsatzbereitschaft, die Dialogfähigkeit der Health Professionals, um nur drei strategische Kompetenzen zu erwähnen, die in allen ärztlichen Tätigkeitsfeldern zum Kompetenzprofil der ÄrztInnen gezählt werden.[3]

Ich habe in den letzten 30 Jahren einen tiefen Einblick in sehr unterschiedliche Tätigkeitsfelder der Humanmedizin nehmen dürfen und werde diese Erfahrungen gerne zu Gunsten Ihrer Projekte mit Ihnen teilen. Die Version 1.0 meiner Homepage www.khm-cap.ch soll Ihnen einen Überblick ermöglichen und Sie motivieren, sich bei mir zu melden.

Gerne nehme ich auch Rückmeldungen und Ergänzungen auf: Erst gemeinsam entsteht eine umfassende Sicht und daraus können sich nachhaltige Lösungen entwickeln.


[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Eid_des_Hippokrates

[2] z.B. Causa UPD/Prof. Strik (Bund 15.11.12 S.19)

[3] Juenger, J. and M. Kadmon, Humanmedizin: Schlüsselkompetenzen heute und morgen, in Kompetenzprofile in der Humanmedizin - Konzepte und Instrumente für die Ausrichtung von Aus- und Weiterbildung auf Schlüsselkompetenzen, V. Heyse and A. Schircks, Editors. 2012, Waxmann: Münster. p. 93-153.

mehr lesen